Ernährungs-Blog

Hier finden Sie regelmäßig neue Beiträge der Dr. Rainer Wild-Stiftung zu aktuellen Themen und Veranstaltungen.

Nachhaltigkeit ist noch nicht im Mainstream angekommen!

Am Donnerstag 07. Juni 2018 lud das Projekt MehrWert NRW der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zur Tagung „Lebensmittel wertschätzen – vom Acker bis zum Teller“ im Hotel MutterHaus in Düsseldorf.

Am Vormittag wurde die politische Umsetzung der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals), besprochen. Das zwölfte Nachhaltigkeitsziel fordert mitunter die Halbierung der Lebensmittelverschwendung/-verluste bis 2030. Dabei seien alle Akteure entlang der Wertschöpfungkette gefordert. In diesem Punkt waren sich alle Redner des Vormittags einig.

Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW appellierte im ersten Vortrag des Tages dafür, dass Wertschätzung nicht nur auf der gesellschaftlichen Ebene stattfinden müsse, sondern auch in jedem individuellen Haushalt. Über kleinere Einkäufe, die richtige Lagerung und „Reste-Essen“ müsse jeder Verbraucher seinen Beitrag zur Verminderung von Lebensmittelabfällen leisten. Die Verbraucherzentrale NRW trage mit ihrem Projekt MehrWert NRW zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele auf Landesebene bei. Neben praktischen Tipps für Verbraucherinnen und Verbraucher, wie man im Alltag in den Bereichen Ernährung, Mobilität und ressourcenschonender Konsum nachhaltig handeln kann, würden zudem lokale Verbraucherinitiativen beratend unterstützt.

Michael Hülsenbusch, Ministerialdirektor, Abteilungsleiter Verbraucherschutz im Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW referierte über die Strategien der Landesregierung. Er wies darauf hin, dass der Koalitionsvertrag der Bundesregierung einige Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung beinhalte. Dazu gehöre die Aktion „Zu gut für die Tonne!“ als nationale Initiative gegen Lebensmittelabfälle. Außerdem sollten Innovationen im Bereich intelligente Verpackungen gefördert und das Mindesthaltbarkeitsdatum überprüft werden.

Mehrfach wurde ebenfalls angesprochen, dass strikte Handelsnormen, die lediglich Aussehen und Größe, nicht jedoch Geschmack oder Qualität reglementieren, nach wie vor einen wichtigen Grund für Lebensmittelmüll darstellten. Untersuchungen zum Wegwerfverhalten in den Haushalten und beim Verbraucher, sowie eine Verluststudie zwischen Feld und Ladentheke sollten detailliert Aufschluss über das Wegwerfverhalten geben. Auf Landesebene habe NRW einen Runden Tisch für die Wertschätzung von Lebensmitteln ins Leben gerufen, an dem Wirtschaft, Verbraucher, Landwirtschaft und Wissenschaft zusammen kommen sollen.

Der globale Kontrast zwischen einerseits Überkonsum und Adipositas und andererseits Hunger, Armut und Umweltdegradation rief Professor Dr. Günther Bachmann, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung, dem Publikum ins Gedächtnis, Er zitierte Gerhard Gundermann, der sagte „Unsere einzige Chance ist es, zu begreifen, dass wir nur das verbrauchen dürfen, was nachwächst und nur so viel, dass es nachwächst!“. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele erfordere Suffizienz, und eine Lebensstilveränderung der individuellen Verbraucher. Aktuell sprach er von einer „Minderheit, die an morgen denkt!“, aber es sei Zeit, dass nachhaltiges Handeln im Mainstream der Gesellschaft ankomme.

Bernhard Conzen, Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbands, wies darauf hin, dass die Handelsketten vom Erzeuger bis zur Ladentheke in Deutschland weitestgehend geschlossen sei. Was sich durch Schönheitsfehler nicht für den Verkauf eignete, würde weiterverarbeitet und komme als Saft etc. in den Handel. Auch Nebenprodukte, die bei der Verarbeitung entstünden wie bsp. Zuckerrübenschnitzel würden als Futtermittel für Nutztiere weiter verwendet. Nichtsdestotrotz frage sich der Bauer, was mit den Produkten passiere, die er auf seinen Flächen produziere? In Nordrhein-Westfalen würden ca. 290g Lebensmittel pro Tag und pro Haushalt weggeworfen. Conzen ermahnte, dass die Mühe, welche in der Produktion der Lebensmittel stecke vom Verbraucher mehr gesehen und respektiert werden müsse.

Bevor es am Nachmittag in eine Workshop-Phase ging wurden konkrete Netzwerke und Initiativen in Nordrhein-Westfalen zur Verminderung der Lebensmittelabfälle vorgestellt. Netzwerke seien dahingehend wichtig, referiert Daniela Baum von Germanwatch e.V. und RENN.west, um einen Austausch zu ermöglichen und die Sichtbarkeit und den politischen Einfluss der Initiativen zu erhöhen. RENN sind die Regionalen Netzstellen Nachhaltigkeit, welche zum Ziel haben, Nachhaltigkeitsaktivitäten auf Bundes-, Länder und kommunaler Ebene auszubauen und zu vernetzen.  Beispielhaft für Initiativen in NRW wurde THE GOOD FOOD von und durch Nicole Klaski vorgestellt, deren Konzept darin besteht eine Stufe vor Foodsharing anzusetzen. Die Gruppe von mittlerweile 60 Personen bemühe sich um die Nachernte beim Landwirt oder bekomme Lebensmittel direkt vom Produzenten. Die Lebensmittel würden in einem eigenen Supermarkt angeboten. Über den Preis dürfe jeder Käufer selbst entscheiden.Als weitere Initiativen wurden Foodsharing Düsseldorf, stellvertretend durch Justin Knigge und ein Beispiel für Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) durch Elmar Schulte Tigges vorgestellt.

Einschätzung der Stiftung:

Besonders hervorzuheben mit wie viel Liebe zum Detail die Veranstaltung vom Projekt MehrWert NRW organisiert wurde. Die Besucher hatten unter anderem die Möglichkeit weitere Projekte und Gewinner von Ideen- und Gestaltungswettbewerben zum Thema Nachhaltigkeit kennenzulernen. Auch beim Catering wurde auf Nachhaltigkeit gesetzt und Nachhaltigkeit gelebt, denn die Reste vom Buffet wurden in Doggy Bags verpackt und den Gästen mit nach Hause gegeben.

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